Artikel in Magazinen über Segeln am Balaton

Folgende Artikel über Sail & Surf, den Plattensee oder die Balaton 25 wurden in dem englischen Yachtmagazin Practical Boat Owner (PBO), der deutschen Yacht bzw. Segeln und im ungarischen Hajó Magazin veröffentlicht.

(Zum Vergrößern auf die Fotos klicken! Die Artikel bzw. eine Übersetzung finden Sie unten)

Vielleicht finden Sie auch ein paar interessante Einträge von unseren Chartergästen in unserem Gästebuch

Im Meer der Magyaren - Artikel aus dem Magazin SEGELN, März 2008

„Mitteleuropas größte Badewanne“ ist nicht unbedingt als Segelmekka bekannt; hartnäckig hält sich das Gerücht vom Schwachwindrevier Balaton. Zu Unrecht – auf dem Puszta-See mit den grünen Ufern kommen Chartercrews ganz ohne Flautenschieber aus.

Nennen Sie den Balaton ruhig Plattensee - aber schimpfen Sie ihn nie einen Steppensee! Sie würden damit Mitteleuropas größtes Binnengewässer zu einem ausgetrockneten Wasserloch degradieren. Dabei kann der Balaton mit Schwankungen seines Pegelstandes von bis zu einem Meter und kräftig laufendem Strom überraschen. Natürlich schaffen dies Sonne und Mond nicht alleine, da muss schon der Wind nachhelfen. Wenn der 'mal kräftig aus Richtung West bläst und das Wasser aus dem Westbecken durch die Enge bei Tihany-rév ins Ostbecken presst, wird es in der Bucht von Keszthely knapp unter dem Kiel ihres Bootes. In Balatonkenese werden Sie dagegen hoch über dem Schlick schweben. Mit anderen Worten - wir haben es mit einem durchaus eigenwilligen Revier zu tun, an dem Wind und Strömung auch gerne gegenan stehen. Vor allem im Seeabschnitt östlich der Halbinsel Tihany, wo der See bis zu zehn Meter tief ist, kann die Strömung bis zu vier Knoten betragen. Pardon, oder besser "Bocsánat": eigentlich meinte ich bis zu sieben Kilometer pro Stunde, denn der Törn von Balatonkenese nach Keszthely ist hier nicht 42 Meilen, sondern 78 Kilometer lang.

"Viele meiner Kunden kommen, um einmal bei wenig Wind zu segeln", erzählte Andreas Novotny, als er uns das Schiff übergibt. Die wenigsten wissen, dass es am Balaton aus Nordwest fast so oft und nicht selten kräftiger als in Dalmatien aus Nordost blasen kann." Eine Brise davon könnten wir gebrauchen. Der Altweibersommer lastet träge auf dem See, und das, obwohl der Wetterbericht eine Front angekündigt hat. Am Neusiedlersee schafft sie es auf sieben Windstärken, das Bakonygebirge scheint ihr aber die Zähne gezogen zu haben. Schlecht für uns, denn mit einem Wind, der auf Katzenpfoten über Wasser schleicht, lassen sich die für heute geplanten 24 Kilometer nicht schaffen. Erst als ein Kollege schneller als die Flaute an uns vorbeizieht, nehme auch ich es mit dem Motorfahrverbot nicht mehr so genau, und so können wir noch vor Sonnenuntergang in die Bucht von Zánka einlaufen.

Während ich noch den Anker in den Schlick buddle, kommt einer angerudert, der sich darüber gar nicht zu freuen scheint. Schon wappne ich mich mit Unfreundlichkeit, da sagt der als erstes: "Bittarscheen!" Beim Klang dieses "Bittarscheen!" schmelze ich dahin und würde für den "Bácsi" gerne alles tun, wenn ich nur wüsste, was. Als er endlich "Fischen" aus seinem Wortschatz gekramt hat, reiße ich sofort den Anker aus dem Grund.

Segeln wie Gott in Ungarn

Deutsch spricht hier zum Glück fast jeder, denn Ungarisch ist eine Sprache, von der ich kaum ein Wort richtig aussprechen kann. Damit stehe ich nicht allein. Der Tenor Leo Slezak wollte sich ein Mal für einen kaum enden wollenden Applaus mit einem Lied aus der Puszta bedanken. Doch statt der Rührung zu zerfließen, flossen beim Publikum schon bald die Lachtränen über den Unsinn, zu dem das traurige Lied durch Slezaks Aussprache verkommen war. Als wir unseren ersten Segeltag mit einem Barack beschließen, stoßen wir deshalb mit einem "Prost!" statt mit "Egészségedre!" an, denn nur zu leicht kann dies zu "Egészségedre" vorkommen, was dann "auf deinen ganzen Arsch!" hieße.

"Viele meiner Kunden sind `Apres-Segler`, Sie übernachten in den Häfen, frühstücken in den Clubs und segeln gerade mal vormittags und nachmittags ein paar Stunden", hatte uns Andreas die schlichte Ausstattung seiner "Balaton 25" erklärt. Da wir solchen Schlendrian erst gar nicht aufkommen lassen wollen, muss er Kühlbox, Kocher und Chemieklo von seiner "Sail & Surf"-Basis heranschleppen. Das verschließbare Vorschiff wird nun zum Sanitärraum umfunktioniert und das Cockpit zur Pantry erklärt, was für eine Camping-Idylle an Bord sorgt. Weil es im September abends an Deck schon recht frisch werden kann, wärmen wir uns vorsorglich mit einem Irsay Oliver. Da kein Südwind eine Front ankündigt, die nachts aus Nordwest über uns herfallen könnte, bleibt es nicht bei einer Flasche dieses für Ungarn typischen Weißweines.

Am nächsten Morgen geht die Post mit vier Knoten ab, doch schon querab Balatonszepezd frisst die Thermik den Nordostwind auf. Bald schon finden wir uns dümpelnd in einem riesigen Regattafeld wieder. "Die Ungarn sind verrückt nach Segeln", hatte uns schon Andreas gewarnt. Er muss es wissen, schließlich lebt er davon, dass jeder Ungar, der seemännisch etwas auf sich hält, seine Sprösslinge zu mindestens einem seiner Segelkurse verdammt. Man kann ja nie wissen: Vielleicht gewinnt gerade der Junior mal das "Blaue Band". Dann wäre er jemand in Ungarn! Etwas Kleingeld bräuchte er dafür aber schon, denn diese prestigeträchtige Regatta kann heute nur mehr gewinnen, wer eine auf die Verhältnisse am Balaton abgestimmte Rennmaschine sein Eigen nennt. Wer die Kurve vom Kommunisten zum Kapitalisten noch nicht gekratzt hat, der versucht anderweitig mitzuhalten. Und sei es auch nur mit einer Jolle: "Manche würden sogar schwimmen", ist Andreas überzeugt, "denn so wie jeder Moslem nach Mekka pilgern soll, will jeder Ungar wenigstens einmal in seinem Seglerleben ums ´Blaue Band` mitsegeln."

Da diese Trophäe im Juni ausgesegelt wird, sind wir wohl in eine der kleineren Regatten geraten, deren mit Spinnakern bewehrtes Feld aber ausreicht, uns über die Zwei-Meter-Linie ins flache Wasser vor Révfülöp zu drängen. Als es mir zu eng wird, heißen wir die eiserne Genua und segeln uns mit etwas mehr als Standgas von all den Spinnakern frei, denen die Flaute schon tiefe Sorgenfalten in ihre Folienmaterialien gefurcht hat. Wenig später hat sich der von keinem Lufthauch mehr belästigte See eine solche Dunstglocke übergestülpt, dass uns nur mehr die Landmarke des Tafelberges den Kurs zum Hafen von Badacsony weisen kann.

Keine Regatta ohne "Mulatság"

"Steuert alle Häfen im rechten Winkel an! Im Herbst wisst ihr nie, ob ihr zu beide Seiten der Einfahrt noch genügend Wasser unter dem Kiel habt", hatte uns Andreas beschworen. Im Frühjahr ist dies kein Problem. Da sorgen die Niederschläge des Winters und die Zala, die bei Keszthely in den See mündet, für deinen hohen Pegelstand. Doch der kommt in den letzten Jahren auch nicht mehr an seine Höchstmarken heran. Dafür sorgen schon die zu nahe am Südufer mit ihren Villen protzenden Nachkommen von Ungarns Magnaten. Spätestens wenn sie beim ersten Nordweststurm ihre Wohnzimmer nur mehr in Stiefeln betreten können, machen sie Druck, damit die Schleuse zum Sió-Kanal geöffnet und Wasser aus dem See abgelassen wird. Nachdem die Sonne während des Sommers täglich bis zu einen Zentimeter verdunstet hat, fehlt oft schon im September ein ganzer Meter. Das ist bei einem See, der im Schnitt gerade mal drei Meter tief ist, recht viel.

Badacsony bietet uns einen Service wie eine Marina im Mittelmeer. Vor der Einfahrt fängt uns ein Schlauchboot ab und lotst uns zum Liegeplatz, wo wir uns - Flaute sei Dank - zwischen den ungewohnten Pfählen an den Steg schummeln. Dass dieser Service seinen Preis hat, merke ich, als mir der Hafenmeister die Rechnung mit einem charmanten "Dos mocht sechstausend Forint!" über das Pult schiebt. Um dies zu verdauen, verkneifen wir uns eine Fahrt mit den überall angepriesenen Jeep-Taxis, die Gehfaule auf den Weinberg hinter dem Ort karren. Nach mehr als einem Tag auf dem kleinen Boot fällt uns der Verzicht allerdings nicht schwer. Nachdem wir all die Weinbuden und die "Csárdas" genannten Wirtshäuser hinter uns gelassen haben, steuern wir das "Rózsakö Borpince Ètterem" an, das uns Andreas Novotnys praktischer Hafen- und Restaurantführer mit "Rosensteins Weinkeller-Restaurant" übersetzt und als wahrlich ungarisch empfiehlt. Die Freundlichkeit des Kellners hat unter der langen Saison ebenso wenig gelitten wie sein Geschäftssinn. Als ich zur Fischplatte einen "Grauen Mönch" bestelle, fragt er gleich: "Einen Liter?" Ich reduziere das Angebot auf einen halben Liter: "Sonst bekomme ich morgen Ärger mit der Wasserschutzpolizei. Ihr habt doch in Ungarn 0,0 Promille?" "Die gelten nur für Autofahrer", versichert uns der dienstbare Geist treuherzig, "bei Seglern nimmt es die Polizei nicht so genau". Wir glauben ihm nur zu gerne. Im Hafen sind wir froh, dieses rein biologische Schlafmittel so reichlich genossen zu haben, denn die Crews der Regattaschiffe scheinen bei einem Mulatság - einer Art Grillparty an Bord - die Nacht zum Tag machen zu wollen.

Hätten wir eine Woche Zeit, würden wir morgen mit Kurs Westsüdwest nach Keszthely segeln. Dort könnten wir uns im Barockschloss der Festetics von jenen k & k Zeiten erzählen lassen, die nun schon seit fast neunzig Jahren Geschichte sind. Nach einem Törn entlang der Südküste würden wir von Siófok Ballermann wohl recht lautstark in die Gegenwart zurückgeholt werden.

Da wir nur einen Wochenendtörn gebucht haben, müssen wir die Kreuzeigenschaften unserer Balaton 25 ausreizen, um Andreas nicht warten zu lassen. Der Abend mit Österreichs bis dato jüngstem Segellehrer, der sich mit 23 Jahren nicht gescheut hatte, einen gewaltigen Schuldenberg aufzuhäufen, um sich im damals noch kommunistischen Ungarn eine Existenz aufzubauen, entschädigt uns dafür. Er hadert, beim Kalbsgulasch im "Oázis" auch nicht mit der kurzen Saison, denn bevor sich die sommerliche Badewanne in einen winterlichen Eislaufplatz verwandeln kann, wird er als Segel-, Surf- und Tauchlehrer in wärmere Gefilde übergesiedelt sein. Südafrika steht diesmal auf dem Winterfahrplan, nächstes Jahr sind es vielleicht die Seychellen oder die Malediven. Schön, dass so viel Individualität im harten Chartergeschäft noch bestehen kann.

Carl Victor

Ungarische Rhapsodie - Reisebericht aus der YACHT Heft 16/2006 von Bodo Müller

Mein Gott, ist das heiß! Nach der ersten Nacht an Bord fliehen wir aus der Backofenglut der Kajüte und springen in die badewannenwarmen Fluten des Plattensees. Zumindest für kurze Zeit schafft das Abkühlung. Morgens um halb acht steht die Sonne gnadenlos am strahlblauen Himmel – Ferien, wie wir sie uns wünschten. Nur eine Flugstunde liegt der schmuddelige norddeutsche Sommer hinter uns. Die Gegend hier kann es – zumindest von Mai bis September – in punkto Temperatur locker mit der Karibik aufnehmen. Das Thermometer am Clubhaus der Koloska-Marina in Balatonfüred zeigt 35 Grad im Schatten, das Wasser bringt es auf 24 Grad. Entsprechend die Clubkleidung aus Badehose oder Bikini.

Morgens besucht uns Bootseigner László Munka, ein Urgestein der ungarischen Segelszene und Eigner mehrerer Charteryachten, um uns ins Boot einzuweisen. Unsere Hanse 291ist urlaubsklar ausgerüstet. Aus Spaß frage ich nach einem GPS. Schmunzelnd holt László ein Hand-GPS aus der Tasche und sagt: „Es ist sicher nicht einfach, sich auf dem Balaton zu verirren. Aber im Gerät sind alle Weinkeller und die Wege vom Hafen dorthin eingespeist.

Die Bootsübergabe ist rasch erledigt, einzig die Fahrradklingel am Heckkorb weckt noch meine Neugier. Wozu die denn gut sei, frage ich. Antwort: „ Die Deutschen brüllen bei Regatten immer `Raum`! Man kann doch auch klingeln. Und ansonsten kann man, sollte gerade mal Flaute herrschen, eine andere Crew zu einem Glas Wein einladen.“

Ich merkte schon, die traditionelle Seemannschaft wird in Ungarn ein klein wenig anders interpretiert als daheim in Deutschland. Die Menschen hier haben eine lockere Art, dem Segeln vor allem eins abzugewinnen: Spaß. Bleibt zum Schluss noch die Frage des Proviants. Doch statt in einen Supermarkt führt Laszlo uns zu einem der vielen kleinen Imbiss-Lokale, die es rund um den Plattensee gibt. Wir bestellen zum Frühstück Rührei mit Weißbrot. Pro Person kostet das 250 Forint – knapp ein Euro. Angesichts solcher Preise verzichten wir aufs Kochen am Bord.

Unser Einkauf in Balatonfüred reduziert sich auf Minerealwasser, Sonnencreme und Sonnenhüte. Von der Koloska-Marina ist es zu Fuß eine Viertelstunde ins Zentrum von Balatonfüred. Seinen einstigen Charme soll das alte Kur- und Seebad aus der k. u. k. Zeit bald wiedererlangen. Noch aber pulsiert das Leben nicht zwischen den alten Prachtbauten, sondern auf der Imbissbuden-Meile parallel zum Seeufer. Sonnenschutz, Wasser, frische Pfirsiche und Aprikosen, die nicht EU-gerecht genormt sind, dafür aber köstlich schmecken, sind schnell gekauft.

Jetzt nichts wie raus aufs Wasser! Wir machen es wie die Ungarn, lassen den Motor aus und legen unter Segeln ab. Bei nur einer Windstärke ist das kein Kunststück. Selbst auf dem Wasser stellt die Hitze alles in den Schatten, was wir je auf dem Mittelmeer erlebt haben. Die Ungarn haben keine Hemmung, beim Segeln einen bunten Sonnenschirm aufzuspannen oder die Badeleiter unter zu lassen. Auf diese weise kann sich immer ein Crewmitglied nachschleppen lassen.

Wir überqueren die Bucht von Tihany und machen in der gepflegten Yachtmarina des Ortes fest. Hinter der Einfahrt legen wir an einer karibisch anmutenden Bar unter weißen Sonnensegeln an. Eisgekühlter Balaton-Muskotaly, der typische Weißwein des Plattensees, rundet den ersten Schlag ab. So angenehm man in der Bar im frischen Abendwind sitzt, so enttäuschend ist leider das Essen. Es erinnert eher an Fastfood, nicht die Spur von ungarischer Küche. Dafür werden wir morgens entschädigt. Gegenüber der Marina liegt die Pension Gyöngye Villa. Chefkoch Andras zaubert uns ein Vier-Sterne-Frühstück zum Preis von vier Euro pro Nase. Doch die Sonne brennt dermaßen, dass wir schnellstmöglich wieder auf den See wollen. Unser Plan: Etappenweise an der bergigen Nordküste des Balatons bis nach Keszthely segeln und von dort mit einem Abstecher zur Südküste wieder zurück.

Zunächst kreuzen wir bei 3 Beaufort zur Enge von Tihany, wo eine Autofähre den Plattensee quert. Weiter kommen wir nicht. Kurz vor Mittag hängen wir in totaler Flaute. Richtung Westen, wo 30 Kilometer entfernt unser Tagesziel Badacsony liegt, ist der See glatt wie ein Spiegel.

Motoren ist verboten, also wird das heute wohl nichts mehr. Merkwürdigerweise weht östlich der Tihany-Enge weiterhin eine leichte Briese. Die tief nach Süden in den Plattensee ragende Halbinsel bildet eine Art Windscheide. Dort segeln wir ein bisschen. Die Hanse 291 springt schnell an, schon bei 2 bis 3 Beaufort und glattem Wasser zeigt das Speedometer 5,7 Knoten.

Mittags festmachen im Hafen der Mahart-Schifffahtsgesellschaft. Wir steigen hinauf zum malerisch gelegenen Dorf Tihany und dem wohl meistfotografierten Kirchenbauwerk am Balaton. Der Blick von dort oben über den See ist gigantisch. Die Abtei mit Museum und Kunstausstellung ist ebenfalls einen Besuch wert.

Mit der Abendbrise kommen wir dann doch noch durch die Tihany-Enge und machen einen halben Kilometer westlich des Fähranlegers im Tihanyer Yacht Club fest. Der schön gelegene Hafen ist die Basis der Firma Sail & Surf, bei der wir unsere Yacht gechartert haben.

Andreas Novotny aus Österreich hat die Segel- und Surfschule gegründet, er vermietet Jollen für Tagesausflüge, den Kleinkreuzer Balaton 25 sowie in Kooperation mit seinem ungarischen Partner Munka Charteryachten zwischen 29 und 35 Fuß.

Abends treffen wir uns mit den beiden im Dorf, wo es gleich mehrere urgemütliche Csardas-Lokale mit typisch ungarischen Speisen gibt. Wir bestellen Zander mit gegrillter Paprika, dazu süffigen Tihany Zweigelt. Beim Essen erzählen sie: Vor 1989 trafen sich am Balaton ost- und westdeutsche Familien zum gemeinsamen Urlaub. Viele Ostdeutsche sind dem See treu geblieben, in erster Linie wohl wegen der niedrigen Preise. Die Gästezahlen aus der Vorwende-Zeit wurden aber nie wieder erreicht. Die Ungarn haben mittlerweile sogar viel in Häfen und Infrastruktur investiert. Der Balaton hat heute sauberes Wasser, und es gibt eine Menge gute Marinas. Und Sonnenscheingarantie noch dazu. Trotzdem sind die wenigen kleinen Charteranbieter bis heute nur Insidern bekannt.

Am nächsten Tag stehen wir zeitig auf, fest entschlossen, die 30 Kilometer westwärts zum Weinberg Badacsony zu segeln. Eine Stunde lang haben wir Rasmus auf unserer Seite. Kaum aber sind wir mitten auf dem See, erneut Windstille. Die Yachten neben uns haben längst die Sonnenschirme aufgespannt und die Badeleiter rausgeklappt. Ich hingegen zupfe noch an den Schoten und versuche, jedem Lufthauch einen bescheidenen Vortrieb abzuringen. Die Logge dankt es mir mit 0,2 Knoten Fahrt. Bei dieser Geschwindigkeit werden wir sechs Tage bis Badacsony brauchen. Was tun, wenn man auf dieser riesigen Badewanne in der Flaute hängt? Die Antwort kommt uns entgegen. Eine Yacht nähert sich seltsam schnell. Die Crew hat die Genua weggerollt, das Groß mittig geschotet und „segelt“ langsam bei leise laufender Maschine. Das also scheinen die Gesetzeshüter stillschweigend zu akzeptieren.

Wir machen es genauso. Spätabends erreichen wir mit der untergehender Sonne die zu Füßen des 437 Meter hohen Weinbergs gelegene Marina Badacsony. So heiß es auch ist, ein Aufstieg auf die Hügel gehört zum Pflichtprogramm. An jeder Ecke lockt eine Weinschenke zum Verweilen. Ob lieblicher Muskotaly, trockener Zweigelt, würziger Blaustengler oder tiefroter Balaton-Merlot – es gibt immer einen Grund zur Rast, um dabei den ständig schöner werdenden Ausblick zu genießen.

Auf dem Badacsony liegen nicht nur die meisten Keller und Weinlokale, sondern dort steht auch das Rosa-Szegedy-Haus der einst berühmtesten Winzerfamilie der Region. Heute beherbergt es ein Museum. Zum Abstieg wollen uns die Füße nicht mehr so recht tragen. Wir heuern einen alten russischen Armee-Jeep an. Die Geländewagen der seinerzeit ungeliebten Besatzer sind bunt angemalt und kutschieren heute in friedlicher Mission die von den Exkursionen erschöpften Touristen vom Berg zurück nach unten.

Mit dem Boot hangeln wir uns weiter an der bergigen Nordküste entlang. Über die kleinen Orte Szigliget und Vonyarcvashegy erreichen wir mit Keszthely das Westufer des Plattensees.

Keszthely und auch das benachbarte Heviz waren zur k. u. k. Monarchie die schönsten Kurorte vor den Toren Wiens. Wir machen an der Stadtmole fest und wundern uns, warum keine andere Boote zu sehen sind. Im Ort ist das Bemühen erkennbar, den alten Charme wiederzubeleben, wenngleich die Spuren des Sozialismus noch lange nicht getilgt sind. Sehenswert ist das Barockschloss, wo zur Sommerzeit Konzerte und Theaterstücke aufgeführt werden.

Als wir zum Anleger zurückkehren, dröhnt von dem benachbarten Strand die Disko derart laut, dass es kaum auszuhalten ist. Rasch lösen wir bei Sonnenuntergang die Festmacher und segeln nach Südosten, um einen lauschigeren Platz zu finden. Doch bereits der Vercharterer hatte uns gewarnt: Die Südküste, das ist das Dorado für den billigen Massentourismus. Nachts um 2 Uhr geben wir auf und werfen vor Fonyod den Anker – weit genug vom Ort entfernt, damit wir in Ruhe schlafen können.

Doch schon am nächsten Morgen drängen sich Tausende Urlauber am Strand und im flachen Wasser. Wir setzen die Segel und lassen die Südküste hinter uns. Zurück nach Osten. Einen Tag lang genießen wir herrliches Segeln bei leichtem Wind und Sonne statt. Als wir im Abendlich erneut die Tihany-Enge passieren, überkommt uns bereits ein wenig Wehmut.

Bodo Müller.

Segeln auf dem Meer der Ungarn - Artikel aus dem englischen Magazin Practical Boat Owner April 2003 frei Übersetzt von Anja Nissen

Was in Ungarn einem Meer am ähnlichsten kommt, ist der Plattensee. Ca. 70km lang und durchschnittlich 7km breit, der größte See Mitteleuropas. Die Ungarn nennen ihn: das ungarische Meer. Es wäre treffender, die Umgebung als "der Welt größtes Poolrestaurant" zu bezeichnen.

Beim Segeln am Balaton, ist eine Erfrischung immer zur Hand. Bei grober Arithmetik ist ein Boot, das dem Ufer des Balatons entlang segelt, durchschnittlich nie mehr ! als fünf Minuten von gutem Kaffee, gefüllten Pfannkuchen, gebratenen Fischen usw. entfernt.

Diese einfache Tatsache erklärt, wie klug das Arrangement von Andreas Novotny ist, von dem wir eine in Ungarn gebaute Balaton 25 für eine Woche gechartert hatten. Auf den ersten Blick schaute das Angebot nach sehr wenig aus und wir wunderten uns, wie es funktionieren würde - das Boot hatte keine Kücheneinrichtung. Als Ausgleich ist es jedoch ein Vergnügen, die Balaton 25 zu segeln - leicht und schnell, aber doch ausgesprochen einfach zu segeln. Zum Wohnen stehen nur 2 Betten im Salon und eine Doppelkabine im Bug, ein kleines Waschbecken mit Fließwasser und ausreichenden Stauraum zur Verfügung.

Im Wesentlichem ein schwimmendes "Camping-Schlafzimmer", um unter Segel schnell und mit viel Spaß von A nach B zu kommen. Das ist die Perfektion! und die Cleverness von Novotny's Formel: Wenn immer Sie vom Segeln genug haben, gibt's all das, was Sie brauchen, an Land - grundlegende Einrichtungen, wunderbares Essen und Wein zu erstaunlich geringen Preisen, Zigeunermusik. Das Schiff ist Transportmittel, Spaß und Unterkunft -das ist alles. Wenn Sie eine Yacht in Frankreich chartern, über die man im Charter-Geschäft so oft hört, zahlen Sie nur für 3 Toiletten und Gott weiß was sonst noch wenn Sie in Wirklichkeit sowieso die Einrichtungen der Marina, Buffet und Restaurant benutzen.

Gesagt - getan, EUR 560- für 4 Personen für eine Woche ist erstaunlich billig und das Konzept geht absolut auf. Eine konventionelle Alternative wäre ausserdem nie so gut wie ein reines Segelboot. Der Aspekt des "reinen Segelbootes" ist sehr wichtig. Der Plattensee ist kein Ort für Anhänger des eisernen Topsegels.

Der See muß wohl der sauberste große See in Europa sein. Während der Hauptsaison leidet er ein wenig, aber im Frühling hat er Drinkwasserqualität. Das Schilf am Rande des Sees beheimatet Frischwasserschwämme, die als Filter dienen. Der Balaton ist sauber, aber nicht klar. Die Flüsse, die den See unter anderem speisen, kommen alle aus dem Norden, wo sie durch teils kalkhaltigen, teils vulkanartigen Boden fließen. Das ergibt die erbsengrüne Farbe mit seinen vielen Schattierungen. Abgesehen von einem hohen Umweltbewusstsein (in dieser Woche auf dem See sah ich keine irgendwelche von Menschen erzeugte Verschmutzung - kein Öl, keine Bierdose, nicht ein einziger Plastikbeutel.

Eine weitere Sache, die zur Reinheit des Wassers beiträgt ist ein fast umfassendes Verbot von Motoren für private Zwecke; Bis 300 Meter außerhalb der Häfen, im Notfall und bei Sturmwarnung, können Sie Ihre Maschine benutzen, sonst nur die Segel.

Dieses erklärt, warum die B25 einen Außenborder anstatt eines Innenborders hat. So können Sie bei Leichtwind den Motorschaft aus dem Wasser kippen, und segeln so schneller in Richtung des nächsten Kaffees.

Da Andreas Novotny nun die Hardware für die im Herzen Junggebliebenen liefert (oder vielleicht für die fast-senilen Bewunderer der "Swallow&Amazons" wie mich selbst) bleibt die Frage, wie ein Tag auf dem Plattensee aussieht. Nehmen Sie den langen Segeltag von Tihany nach Kesthely (ca. 35 Seemeilen, Zeiten nur ungefähr) 07:30 Früh aufstehen, duschen in den Nassräumen der Marina. 07:50 Der Rest steht auf. Schnelles Bad im See 08:00 Frühstück für vier (gefüllte Pfannkuchen, gegrillte Würste, guter Kaffee, klebrige Sachen) vom Büffet, zusammen ungefähr 20- EUR. Sehr gut und freundlich 08:45 Segel setzen. 15-20 Knoten Fahrt.

Zuerst mit Grosssegel, dann mit Gross und Genua. Das Boot schiesst davon. 12:30 Ábrahamhegy. Mittagessen. Lokale Weine, gebratener Fisch (vom See und ganz frisch), Salat, Pfannkuchen. Ca. gleicher Preis wie das Frühstück. 13:10 wieder Segel setzen 15:30 Entscheidung gegen Kaffee und Kuchen in Balatongyörök. Letzten 5 Seemeilen mit 6-8 Knoten 17:00 Gehen längsseits auf MAHART Mole in Kesthely 17:30 Duschen und rasieren im Hotel am Ende vom Pier.

Schwedisches Mitglied der Crew verläßt uns auf sehr leistungsfähigen, öffentlichen Transportmitteln nach Budapest. 21:30 Hick! 21:35 Zzzzzz!

Kurze, steile Welle, aber das Boot läuft perfekt. Das Wasser, dass bis ins Cockpit spritzte, war warm (Aquarium-Temperatur), und ich glaube nicht, dass irgend jemand etwas Wasserfesteres anhatte als eine leichte Wanderjacke (das ist normal, die durchschnittliche Wassertemperatur Mitte September beträgt ca. 70F.

Der Himmel war zuerst mit einigen Serien Cumulus-Wolken bedeckt, gefolgt von einer sehr dünnen Bewölkung, die ziemlich großartige Lichteffekte erzeugte. Die kleine Balaton 25 geht ab wie eine Rakete, benötigt aber nicht die Talente einer erfolgreichen Regatta- Mannschaft um sie zu segeln. Reizendes Boot? Ich hätte gerne eine.

Unterhaltung nach dem Segeln? Reichlich vorhanden, toll präsentiert. Sogar ohne seinen Ferencsay Palast ist Kesthely am oberen Ende des Sees eine elegante Stadt mit ungefähr 10.000 Einwohnern. Europas letzte grosse Bisonherde lebt in einem Reservat ca. 20 km entfernt (öffentliche Verkehrsmittel sind exzellent und unglaublich günstig, Mieten von Fahrrädern möglich).

Der Tafelberg von Badacsony ist von Weinreben bedeckt (aber eigentlich gibt es Weinreben auf fast jedem Hügel rund um den Plattensee). Im Allgemeinen gibt es an der Südküste des Sees eher schicke Hotelanlagen, aber lassen Sie sich davon nicht beirren: die Küste ist noch immer stark bewaldet und wunderschön, die ungarische Vorstellung von einer schicken Hotelanlage mit Nachtleben ist mit der unseren kaum zu vergleichen: wenn Sie in Siofok derartiges suchen, werden Sie es zwar finden, aber Sie werden kaum begeistert davon sein.

Tihany, wo Novotny sein Basislager hat, wäre überall ausser in Ungarn eine Katastrophe - ein malerisches Dorf mit schrecklichen Touristenschund oder aber horrend hohen Preise. In Wirklichkeit aber ist Tihany voll von schönen Handwerksgeschäften, die wunderbare (und geschmackvolle) Keramiken, Stoffe etc. verkaufen, die oft vor den Augen der Kunden, in jedem Fall aber vor Ort hergestellt werden, und das zu Schnäppchen-Preisen, die die Brieftasche kaum belasten.

Ausser den Geschäften besitzt Tihany auch ein benediktinisches Mönchskloster, gegründet von König Andreas I von Ungarn um 1050. Es trohnt auf der Tihany-Halbinsel und soll die meist fotografierteste Kirche Ungarns sein. In ihrer derzeitigen Form beherbergt ihr Inneres warme und einfache Rokkoko-Architektur - wundervolle Deckengemälde, aber ohne je überladen zu wirken wie viele Kirchen dieser Art in Deutschland, Österreich oder Italien.

Besuchen Sie den Plattensee, und tun Sie dies jetzt: die EU-Mitgliedschaft wird unvermeidlich die Preise in die Höhe treiben. Zur Zeit bekommen Sie viel für Ihr Geld, besonders, was Segelerlebnisse, Gastronomie und Kultur betrifft. Bis zum nächsten Sommer, ich seh' Sie dann dort!!

Artikel aus dem Hajó Magazin 2003 frei Übersetzt von Kiraly Henriett

Die Balaton 25 wurde 1984 von István Szilágyi - Mitglied der Balatonfüred Schiffswerft - konstruiert.

Damals hatte das Unternehmen Schwierigkeiten, weil die Herstellung der Balaton 24 zu teuer war. Ein wichtiger Anhaltspunkt bei der Planung war, so viel wie möglich Elemente aus Kunststoff in das Innere des Schiffes einzubauen, um die Kosten der Herstellung zu vermindern.

Das Interessante an der Sache ist: "was früher Not, ist heute ein Lob" deshalb wirkt das Innere des "Balaton 25" auch heute noch so modern. Der Plan war gut, das zeigen auch die 186 Schiffe, die es heute davon gibt. Den Erfolg dieses Typs machen die hohe Komfortebene, die ideale Größe für den Balaton, die leichte Handhabung und der günstigen Preis aus.

Es benötigt aber auch Anderes, um so viele Jahre lang wettkampsfähig auf dem Markt zu bestehen. Man braucht einen Hersteller, der fähig ist hohen Standard und erschwingliche Preise zu bieten.

Die Firma "Vega Yacht" ist diesem Typ treu geblieben. Dreiundvierzig Balaton 25 hat sie bis heute produziert, und vielleicht ist es keine Übertreibung, dass die besten Boote aus dieser Werkstatt stammen. Die Mitarbeiter der Firma haben jahrelang mit dem Schiffen an Wettkämpfen teilgenommen, so haben sie den Typ mit den vielen Erfahrungen immer wieder verbessert und verfeinert.

Das Schiff gehört zu Wanderbootkategorie. In der Kajüte gibt es Schlafplätze für vier Erwachsene, gesegelt werden darf mit 6 Personen. Der 800 kg schwere Kiel, sichert auch unter stürmischen Umständen eine ausgezeichnete Stabilität. Grundsegelfläche sind 29,6 m², es verfügt über ein großflächiges Ruderblatt.

Die Manöverfähigkeit ist in allen Windverhältnissen gut und sicher. Seine breite Arbeitsfläche ist nicht nur im Hafen und beim Wassersport bequem, sondern bietet auch dem Kapitän und der Mannschaft großen Bewegungsfreiraum. Es gibt anspruchsvolle Deckelementen (Easy lock, Harken), im Salon gibt es ein Waschbecken mit Fließwasser, die Badeleiter ist serienmäßig. Das Boot hat nur 1,2 m Tiefgang.

Wir haben leicht und schnell Segel gesetzt. Es gab schönen Westwind. Optimales Segelwetter. In dem breiten Cockpit der 25er hatten wir zu zweit bequem Platz. Das Schiff segelt sich schön und gleichmäßig, war gut getrimmt und wendet gut. Es hat sich auf den kurzen steilen Wellen vor Balatonfüred sehr gut verhalten.

Zu zweit war es ein leichtes die Yacht zu segeln, und auch alleine hat man leicht alles unter Kontrolle. Ein erfahrener Segler kann leicht und allein alle Aufgaben lösen.

Die Maße des Schiffes sichern den Platz für alle möglichen Extraeinrichtungen, fast ohne Begrenzung. Der Motor ist leicht einzubauen, nur für eine Küche und eine Dusche gibt es keinen Platz. Aber in den Salon kann man einen kleinen Herd und Waschbecken einbauen und in der Bugkabine findet man den Platz für eine chemische Toilette.

Viele halten die 25er für die Nummer Eins. Mit seinem erschwinglichen Preis, schöner und anspruchsvoller Verarbeitung und nicht zuletzt mit seinen bequemen Fahreigenschaften ist es für seine Rolle am Balaton bestens geeignet.

Balaton - Reisebericht aus YACHT Heft 5/1999 von Bodo Müller

Ungarns großer Binnensee ist fast wie ein kleines Meer. Mit Temperaturen wie in der Karibik, sauberen Häfen und moderaten Preisen. Umgeben von berühmten Weinbergen. Leichter, auflandiger Wind beschleunigt den Klassiker nahe Badacsony. Dann heißt es hinaus aus dem Hafen und Segel setzen. Kaum Schutz bietet die Fingerpier von Szigliget. Hier sollte man nur bei West bis Nordwest anlegen.

Das Thermometer am Clubhaus des Seglerhafens Balatonfüred zeigt 34 Grad im Schatten. Über ihm wölbt sich strahlend blauer Himmel. Nur wenige Wolkenfetzen im Westen geben Hoffnung auf etwas Wind. Badehose und Bikini sind die Gesellschaftskleidung im Clubrestaurant, auf der Pier und an Bord sowieso. Neben der Bar spielt eine Jazzband, die Stimmung ist ausgelassen. Yachtvercharterer Peter Fekete hat uns eine nagelneue ungarische Top 34 übergeben.

Auf der Seekarte für den Balaton (ungarisch für Plattensee) sind nicht nur Tiefenlinien und wichtige nautische Angaben, sondern auch Weinberge und Weinkeller eingezeichnet. Während wir den Motor starten, löst Peter die Festmacher und ruft uns hinterher: "Das schönste Stück Ungarn ist der Weinberg Badacsony. Fragt nach dem Keller der Elisabeth. Da gibt es einen besonderen Wein, den 'Grauen Mönch'."

Wir passieren die enge Hafenausfahrt. Hier herrscht reger Verkehr. Ob Strandkatamaran oder 13-Meter-Yacht - viele Boote steuern unter Segeln wie in Zeitlupe hinein oder heraus und sogar bis in die Box. Dabei liegen die Stege enger als in den meisten deutschen Marinas.

Gleich hinter den Molenköpfen stoppe ich die Maschine, denn von meinem ersten Balaton-Törn vor fast zwanzig Jahren weiß ich: Hier gilt Motorverbot. Dennoch wollen wir in einer Charterwoche möglichst viele Facetten des ungarischen Binnenmeeres sehen. Schade nur, dass allenfalls eine leichte Brise das spiegelglatte, türkisblaue Wasser kräuselt.

Unser Tagesziel ist im Westen die nur vier Kilometer entfernte Halbinsel Tihany. Auf deren Fels thront in 219 Metern Höhe die am meisten fotografierte Kirche Ungarns. Da wir unter Segeln weniger als einen Knoten Fahrt machen, klappen wir dem Beispiel ungarischer Crews folgend die Badeleiter herunter, springen vom Bugkorb ins nahezu badewannenwarme Nass und klettern achtern wieder an Bord. Abduschen erübrigt sich, denn das Wasser ist nicht nur sauber, sondern auch süß.

Vor dem Wind treiben wir Tihany entgegen, dankbar für jeden Hauch, der den Segeln etwas Form gibt. Der Berg von Tihany, an dessen Osthang weiße Villen in eine Parklandschaft eingebettet sind, ist für Einheimische und Urlauber ein bevorzugter Wohnort.

Wir steuern den Hafen der Fahrgastlinie Mahart an. Dort gibt es neben der Pier für Personenfähren einen Anleger für ein Dutzend Yachten. Wie die Nachbarboote machen wir mit Bug zum Kai und Heckanker fest. Die Wanderung bergauf zum Dorf bietet imposante Ausblicke auf das ungarische Meer. Oben auf dem Plateau ist der Besuch der Abtei ein Muss. Es ist eine der ältesten Kirchen Ungarns. Zu Beginn des 11. Jahrhunderts besiedelten die Magyaren das Land um den Plattensee. König Endre I. ließ 1055 in Tihany die Kirche und ein Benediktinerkloster bauen. Es sind die ältesten Gebäude am Balaton. Um den Sakralbau gruppiert sich ein mittelalterliches Dorf. Vor den reetgedeckten Häusern bieten die Ungarn Töpferwaren, Paprika-Ketten und Wein aus eigenem Anbau an. Dazwischen locken kleine Weinstuben zum Verkosten des Rebensaftes direkt aus dem Fass. "Tihany ist scheenster Ort von die Welt", sagt ein alter Mann, an dessen Fass wir nicht vorbeigekommen sind.

Wenn man sich vorher darauf einigt, dass Ungarn das schönste Land der Welt ist, hat er möglicherweise recht. Wir sitzen auf Holzbänken im Freien, genießen kühlen Riesling und den Blick auf den See.

Am Abend liegen wir in der Yacht-Maria Tihany fest. Der kleine Hafen bietet den Komfort einer modernen Marina. Wie in Balatonfüred ist alles sauber und gepflegt, nur wesentlich ruhiger. Viele Boote sind Dauerlieger aus Budapest, Süddeutschland oder Österreich. Wir bezahlen den pauschalen Liegeplatzpreis von 1500 Forint, etwa 13 Mark, sowie 300 Forint pro Person.

Gegenüber der Marina frage ich in einer Pension namens 'Tihany Gyönygye Villa', welches Gasthaus in Tihany zu empfehlen ist und wo man ein Taxi für den Weg bergauf bestellen kann. Anstatt eine Antwort zu geben, überlegt Andras, der Inhaber der Pension, nicht lange und fährt uns in drei Minuten die kurvenreiche Piste hinauf bis ins 'Ciprian', ein Restaurant mit Atrium. Geld will unser Fahrer dafür nicht. Statt dessen lädt er uns zum Frühstück in seine Pension ein. Im 'Cyprian' ordern wir eine Balaton-Fischplatte für drei Personen, Salate und Beilagen. Barsch, Hecht und Zander sind exzellent zubereitet und die Portionen so reichlich, dass wir sie nicht schaffen. Am Ende zahlen wir inklusive drei Krügen Riesling 4300 Forint, etwa 37 Mark.

Nach ausgiebigem Frühstück am nächsten Tag in der Gyönygye-Villa setzen wir die Segel. Mit auflandigem Morgenwind passieren wir die nur 1200 Meter breite Enge bei Tihany. Autofähren pendeln hin und her. Doch dann ist der Wind wie abgestellt. Im 26 Grad warmen Wasser schwimmen wir schneller, als das Boot segelt. Und unser Tagesziel, der Weinberg Badacsony, liegt 30 Kilometer westlich. Er ist im Dunst nicht mal zu erahnen. Wenn wir weiter in der Flaute dümpeln, brauchen wir eine Woche bis zum berühmtesten Weinberg des Landes.

Wir haben einen Einbaudiesel - sollen wir ihn verbotenerweise starten? 1979 wurde das Motorverbot streng gehandhabt, doch als zwei Yachten unter Maschine näher kommen, werfen wir den Diesel an, rollen die Genua weg und lassen als Alibi das Groß stehen. Die Polizei auf dem See zeigt kein Interesse an uns.

Um 22 Uhr steuern wir im letzten Licht in den Hafen unterhalb des Weinbergs. Am Gästesteg bekommen wir einen Liegeplatz. Auch hier wird mit Bug zum Steg und Heckanker festgemacht, allerdings für satte 4000 Forint, obwohl auch dieser Hafen der Mahart gehört.

Im Clubgebäude gibt es eine Bar, einen Bootsshop, das Hafenmeisterbüro und sanitäre Einrichtungen. Der Schock: Toiletten und Duschen sind primitiv, eng und atmen noch den Charme des Sozialismus.

Der einzige Grund, in der Marina zu bleiben, ist der Weinberg Badacsony. Schon die Römer sollen hier Reben gepflanzt haben. Vorbei an Weinkellern, die auf deutsch zur Verkostung laden, steigen wir zum 'Róza-Szegedy-Haus' hinauf, einem volkstümlichen Barockhaus mit Bogengang, und weiter zum Keller Elisabeth. Vor dem steinernen Häuschen ranken Weinstöcke über eine Terrasse aus gestampftem Lehm. Im Schatten des Weinlaubs stehen alte Holztische und -bänke, in die Generationen fröhlicher Zecher ihre Namen eingravierten. Durch das Steinhaus gelangt man in den niedrigen Stollen, der voll ist mit alten Holzfässern.

Ein alter Ungar hebt goldgelben Wein und füllt ihn in Steingutkrüge. "Elisabeth war meine Mutter", sagt der Weinbauer, sie ist schon lange tot. "Aber den Grauen Mönch mache ich genauso wie sie." Er füllt jedem von uns einen Steingutbecher zum Probieren. Der liebliche Graue Mönch, der hier auf heißem Basaltstein reift und vor Ort gekeltert wird, schmeichelt dem Gaumen. Der Name stammt aus dem Mittelalter", erklärt der Weinbauer. "Damals hatten sie aus Wien einen Klosterbruder hergeschickt, um uns im Glauben zu unterweisen. Der einsame Bruder liebte die sinnlichen Freuden. Nach einer durchzechten Nacht soll er ganz grau ausgesehen haben. Seitdem hat der Wein seinen Namen." Je höher die Sonne über den Balaton steigt, desto voller wird es vor dem Keller der Elisabeth. Es sind Sachsen, Thüringer und Bayern, die den Ort seit Jahren kennen und schon bald in fröhlichen Gesang verfallen. Krug auf Krug muss der Sohn der Elisabeth aus dem Keller holen. Für einen Liter verlangt er 200 Forint (1,70 Mark). Dazu gibt es selbstgebackenes Schwarzbrot - in Ungarn eine seltene Delikatesse. Die ofenwarmen Scheiben sind mit Schmalz bestrichen und mit grob geheckselten, scharfen Paprika bestreut. Unser Törn entlang der Nordküste des Balatons führt zwangsläufig zu weiteren Weinbergen.

Wir segeln sechs Kilometer westlich nach Szigliget. Auch diese offene Fingerpier ist Anleger für Mahart-Schiffe. Yachten dürfen an der Ostseite festmachen, entweder mit Bug oder mit Heck zur Pier. Hier kommt niemand zum Kassieren. WC und Wasseranschluss vom Passagierkai dürfen genutzt werden. Nur bei Ostwind möchte ich hier nicht liegen.

Nach 20minütigem Fußmarsch vorbei an schönen Einfamilienhäusern und kleinen Pensionen erreichen wir den größten Weinkeller Ungarns. Das 120 Meter lange Gewölbe von Szigliget beherbergt ein Weinmuseum und eine 40 Meter lange Gästetafel zwischen meterhohen Fässern. Serviert wird ein rustikales Abendbrot mit Wurst, Speck, Knoblauch und Paprika. Jeder Gast kann bei der Verkostung entscheiden, aus welchem Fass er seinen Rebensaft gezapft haben möchte.

Pfeifen in den Wanten und unruhige Schiffsbewegungen wecken uns am nächsten Morgen. Der Wind hat aufgefrischt, zum Glück aus Nordwest. An der Pier von Szigliget wiegt sich unser Boot im Seegang. Wir lösen die Festmacher und holen den Heckanker ein. Im Schutz der Weinberge segeln wir ostwärts nach Ábráhamhegy. Es sind nur neun Kilometer bis dorthin, und wir haben achterlichen Wind. Der bläst mit 4 bis 5 Beaufort und lässt erahnen, dass der Balaton zeitweise auch ungemütlich sein kann.

Die Sicht hat sich so verschlechtert, dass das Südufer mit seinen Badeorten und sommerlichem Massentourismus nicht mehr ausgemacht werden kann. Doch wir finden sicher nach Ábráhamhegy. Die neue Marina schützt bei allen Winden, allein, es fehlen noch einige Stege. Für die wenigen freien Boxen ist unser Boot zu breit; wir gehen längsseits an eine Schute.

Der Hafenmeister in Ábráhamhegy ist ein etwas kauziger, älterer Mann, den wir Vater Abraham nennen. Er residiert samt Hund in einem Bauwagen neben dem Eingangstor und erklärt, die Sanitäranlagen seien noch nicht fertig. Wir möchten zum Duschen ins Freibad nebenan gehen. Als wir mit nassen Haaren zurückkommen, flüstert Vater Abraham: "Heute ist Mittwoch, da müsst ihr in die 'Rizapuszta' gehen, eine Stunde von hier, oben in den Bergen. Mittwochs ist Weinprobe, und die schönsten Zigeunerinnen tanzen für euch."

Welch eine Aussicht ... Als wir uns von Kellermeister Bartok verabschieden, einem 60jährigen Ungarn mit dickem Schnauzbart, Filzhut und wienerischem Dialekt, ist es längst dunkel. Morgen wird es Zeit, den Rücktörn anzutreten.

Bodo Müller